
2005 startete Zürich eine Kampagne, um mehr Einwohner von der Nutzung des städtischen Raums zu überzeugen, indem sie ihre Stadt zu Fuß erkunden. Unter dem Motto Züri z’Fuess (Zürich zu Fuß) umfasst die Kampagne verschiedene Sightseeing-Rundgänge durch die Stadt.
Es handelt sich jedoch nicht um Rundgänge, an denen Touristen normalerweise teilnehmen würden. Die Stadtspaziergänge werden von lokalen Historikern, Architekten und Wissenschaftlern entworfen, mit speziell entwickelten Stadtplänen, die Bürgern eine einfache Orientierung ermöglichen, eine neue Perspektive eröffnen und die Möglichkeit geben, ihre eigene Stadt auf völlig andere Weise zu Fuß kennen zu lernen.
Zürich ist die größte Stadt der Schweiz. Eine lebendige und dynamische kleine Metropole mit knapp 400 000 Einwohnern, einem hohen Verkehrsaufkommen und laut Prognosen weiterem Wachstum. Um dafür zu sorgen, dass das zukünftige Verkehrsaufkommen effizient bewältigt wird und weder der Stadt noch der Umwelt schaden, kommt es zunehmend auf den Beitrag des öffentlichen Nahverkehrs sowie der Fußgänger und Radfahrer an.
Mit 44 Prozent haben Fußgänger bereits einen beeindruckenden Anteil am Modal Split in Zürich. In ihrer Mobilitätspolitik 2012 skizziert die Stadt jedoch Pläne für einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsangebots, des Fahrrad- und Fußverkehrs um weitere 10 Prozentpunkte über 10 Jahre. Die Fußgängerinfrastruktur in Zürich weist bereits ein hohes Niveau auf. Stadtspaziergänger finden dort in der Regel sichere, attraktive Fußwege, die in den meisten Fällen auch mit Gehhilfen und Kinderwagen benutzt werden können. Mit Züri z’Fuess hofft Zürich darauf, die Öffentlichkeit zur Benutzung dieser Fußwege zu ermuntern.
Züri z’Fuess startete im September 2005 mit fünf Stadtspaziergängen. Mit Unterstützung von Quartiervereinen gelang es der Stadt, in Zürich beheimatete Experten, etwa lokale Architekten oder Historiker, für die Gestaltung der Routen zu gewinnen.
Die Fußrouten enthalten Beschreibungen aller Sehenswürdigkeiten und Pläne mit Richtungsangaben und Informationen über andere interessante Plätze. Sie sind kostenlos verfügbar im Pavillon, einem Informationspunkt am Werdmühleplatz. Ferner stehen sie auf der Website der Stadt zum Download bereit. Derzeit werden 20 Spaziergänge angeboten. Sechzehn Spaziergänge führen durch verschiedene Stadtviertel, vier sind speziellen Themen gewidmet:
Unterwegs mit Kindern
- Zürich mit Kinderaugen: Abkürzungen, städtische Innenhöfe und geheime Versteckplätze;
Rund um den Fußball
- Plätze, Geschichten und Anekdoten rund um das Spiel mit dem Ball
Rund ums Wasser
- Ein Spaziergang entlang der Wasserwege der Stadt und zu Badestellen, mit Einblicken in die Geschichte
2000-Watt-Gesellschaft
- Ein Rundgang durch das Viertel Albisrieden macht sichtbar, wo Handlungsbedarf besteht, um den Energieverbrauch zu senken.
Die beliebtesten Spaziergänge wurden ins Englische übersetzt und zu sieben gibt es Audioguides. Diese Audioguides können als MP3-Dateien von der Website heruntergeladen und auf einem Smartphone oder einen MP3-Player abgespielt werden. Kopfhörer und MP3-Player mit fertig installierten Audioguides können gratis im Pavillon ausgeliehen werden. Sie können auch im Voraus über ein Online-Formular bestellt werden, was sich für Gruppen ab 10 Teilnehmern empfiehlt. Die Stadt Zürich entwickelte zudem die interaktive ZüriPlan App für iPhones, iPads und Android-Geräte.
Bei den Spaziergängen werden auch die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität berücksichtigt, etwa behinderte Menschen und Sehbehinderte. Vor der Neuauflage der Pläne 2010 und 2014 wurden die Routen überarbeitet, um insbesondere die Bodenoberfläche und Neigungen auf ihre Eignung für Personen mit eingeschränkter Mobilität zu überprüfen. Die Pläne umfassen auch Informationen über barrierefreie Abschnitte der Fußrouten.
Die Nachfrage nach den Routenplänen ist groß. Seit 2005 wurden durchschnittlich 13 000 Pläne pro Jahr abgegeben. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die Beliebtheit der Routenpläne mit einer steigenden Fußgängermobilität einhergeht. Die Stadt Zürich erfasst jedoch den Fußgängerverkehr erst seit 2012 und das diesbezügliche Netz befindet sich noch in der Entwicklung. Es ist daher nicht möglich, Statistiken zu erhalten, mit denen sich der Erfolg der Pläne genau ermitteln ließe.
Die Nachfrage nach Routenplänen auf digitalen Medien ist ebenfalls beachtlich. Die interaktive ZüriPlan Android App mit 20 Spaziergängen und Fahrradrouten wurde von der Google Play Website bis zu 50 000-mal heruntergeladen.
Eine der Herausforderungen für Initiativen wie Züri z’Fuess sind die Kosten. Die Entwicklung von hochwertigem lokalem Textmaterial, der Druck, die Vermarktung und der Vertrieb sind nicht kostenlos. Jeder Autor erhielt ca. CHF 7 000 (€ 5 800) pro Route. Inklusive Druck und Vermarktung kostete der Stadt Zürich jeder schriftliche Routenführer ungefähr CHF 17 000 (€ 14 100). Die Routen müssen zudem kontinuierlich aktualisiert werden, um Veränderungen in der Stadt wie Neubauten und Veränderungen der Infrastruktur zu berücksichtigen. Bei jeder Aktualisierung sind die Routen zudem auf die Zugänglichkeit für Personen mit eingeschränkter Mobilität zu überprüfen.
Yvonne Meier-Bukowiecki von der Stadt Zürich betont, dass sich das Konzept von Züri z’Fuess mit Sicherheit auf andere Städte übertragen lässt, wobei alle Elemente – Format, Routenplanung auf Luftbildkarten und inhaltliche Mitgestaltung durch Experten vor Ort – leicht übernommen werden können. Eine wesentliche Rolle spielen dabei aber auch die lokalen Gemeinschaften.
„Ein Schlüssel zum Erfolg liegt darin, gute Autoren für die Routenführer zu finden. Dieses Problem darf nicht unterschätzt werden“, so Meier-Bukowiecki. „In Zürich ist es besonders wichtig, die Quartiervereine einzubeziehen. Sie tragen zum Inhalt und zur Verteilung der Pläne in ihrem Stadtteil durch sogenannte Quartierzentren bei.“