Bremen: Meister der Evaluierung von Verkehrsentwicklungsplänen

Von Thomas Mourey / Aktualisiert: 24 Aug 2015

Die Stadt Bremen hat sich beim Evaluierungskonzept für ihren im Jahr 2014 beschlossenen Verkehrsentwicklungsplan nicht nur durch erstklassige Planung und die frühzeitige Bereitstellung von Evaluierungsinstrumenten, sondern auch durch die enge Zusammenarbeit mit der bremischen Bevölkerung, anderen Städten und Regionalausschüssen ausgezeichnet.

Die Stadt hat Schwachpunkte beseitigt, Erfolgsfaktoren gestärkt und Maßnahmen zur Vermeidung von Mängeln in der nächsten Verkehrsplanungsrunde ergriffen. Aufgrund dessen hat Bremen den 2014 European SUMP Award erhalten.

Context 

Bremen ist dank ihrer Erfahrung im Verkehrsmanagement – der erste Verkehrsentwicklungsplan wurde bereits Mitte der 1990-er Jahre aufgestellt – gegenwärtig eine der größten deutschen Städte mit einem ausgewogenen Leistungsanteil der einzelnen Verkehrszweige am Gesamtverkehr. Mit dem 2014 beschlossenen „Verkehrsentwicklungsplan Bremen 2025“ sollen die Ökomobilität gefördert und die Lebensqualität in der Stadt durch Optimierung der Verkehrssysteme und Minderung der verkehrsbedingten Beeinträchtigungen wie etwa Unfallgefahren, Luftverschmutzung und Lärm verbessert werden.

Die Stadt hat sich unter anderem das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 den Radverkehr um 20 bis 25 Prozent und die Fahrgastzahlen im öffentlichen Personenverkehr um 15 bis 20 Prozent zu steigern. Dementsprechend erfasst ihr Verkehrsentwicklungsplan alle Verkehrsarten (Fuß- und Radverkehr, öffentlicher Verkehr und Individualverkehr) und alle Verkehrszwecke (Schul- und Berufsverkehr, Einkaufsverkehr, Freizeitverkehr usw.) im Personen- und Güterverkehr.

In action 

Eine tragende Säule im Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Bremen bildet die Evaluierung. Für die Ex-ante-Evaluierung hat die Stadt ein dreigliedriges Verfahren beschlossen, das sich aus einer Chancen- und Mängelanalyse, einer Szenario-Analyse und einer Kosten-Nutzen-Analyse zusammensetzt.

  • Die Chancen- und Mängelanalyse ermöglicht eine gründliche Untersuchung der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur und des Verkehrsverhaltens. In Bremen liegen der Chancen- und Mängelanalyse ein umfassender Datenbestand, ein breit angelegter Online-Dialog und mehrere Bürgerforen zugrunde.
  • Gegenstand der Szenario-Analyse ist die erwartete Wirkung der vorgesehenen Maßnahmen. Es wurden fünf Extremszenarien ausgewählt (z. B. massive Förderung des Autoverkehrs oder der Ökomobilität). Die Modellierung dieser Szenarien ermöglichte der Stadt einen Wirkungs- und Kostenvergleich der einzelnen Maßnahmen. Aus dem Vergleich ging eindeutig hervor, dass die Förderung der aktiven Mobilität am effizientesten ist.
  • Die Kosten-Nutzen-Analyse wurde in Zusammenarbeit mit einem externen Spezialisten durchgeführt.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen wurden einzeln untersucht und zunächst ihren gesellschafts-, umwelt- und raumordnungspolitischen Auswirkungen gemäß unterteilt. In einem zweiten Schritt wurden externe Faktoren wie etwa die technische Machbarkeit oder die politische Unterstützung geprüft. Die Ausführung der Maßnahmen wird ebenfalls evaluiert. Der Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Bremen sieht für jede Legislaturperiode (alle vier Jahre, erstmals im Jahr 2018) einen Evaluationsbericht vor.

Die Stadt Bremen legt sowohl bei der Planung als auch bei der Ausführung großen Wert auf Kooperation. Deshalb hat sie mit Nachbargemeinden zusammengearbeitet und sich mit den Städten Groningen (Niederlande) und Oldenburg über transnationale Verkehrskonzepte ausgetauscht. Die gesamte Arbeit am Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Bremen wird von einem Beirat überwacht, der zudem für die Kontrolle der Evaluierungsberichte verantwortlich zeichnet. Der Beirat setzt sich aus Mitgliedern der Bremischen Bürgerschaft und Vertretern externer Organisationen (Automobil- und Fahrradclubs, Handelskammern, Umweltschutzverbände usw.) zusammen.

Results 

Die Evaluationen haben der Stadt Bremen hochgradig fundierte Entscheidungen bei der Ausführung ihres Verkehrsentwicklungsplans ermöglicht. Die auf ein Verkehrsprognosemodell für das Jahr 2025 gestützte Szenario-Analyse beispielsweise war von besonderem Nutzen bei der Auswahl der besten Zukunftsstandorte für Bahnhöfe. Mit Hilfe der Modellierung des künftigen Mobilitätsverhaltens der Bevölkerung konnte ermittelt werden, welche Bahnhöfe eine bestimmte Mindestfahrgastzahl verzeichnen würden. Das Modell war insofern von besonderem Nutzen, als einige Bahnhöfe unerwartet gut abschnitten.

Auch der Dialog mit Bürgern und anderen gesellschaftlichen Kräften im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse hat sich als nützlich erwiesen. So sprach die Szenario-Analyse für den Neubau einer Straßenbahnlinie durch einen Park. Die neue Strecke sollte hocheffizient sein, stieß jedoch auf großen Unmut in der Bevölkerung. Die Stadt nahm vom umstrittenen Streckenverlauf Abstand und entschied sich für eine andere Route, die sowohl die Zustimmung der Allgemeinheit findet als auch den technischen Anforderungen genügt.

Challenges, opportunities and transferability 

Im Zuge ihrer ersten Evaluierungsmaßnahmen ermittelte die Stadt Bremen sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Größere Herausforderungen ergeben sich aus der Nutzung von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor sowie aus den unvorhersehbaren Folgen dieser Technik für die städtische Mobilität.

Als Stärke ihres Verkehrsentwicklungsplans betrachtet die Stadt Bremen die regelmäßige Evaluierung des Plans in seiner Gesamtheit sowie der einzelnen Maßnahmen. Aus Sicht der Stadt ist eine Evaluierung im Vierjahresrhythmus am besten geeignet, um die für eine Maßnahmenanpassung notwendigen Daten zu erheben.

Der Stadt Bremen ist sehr daran gelegen, ihre Erfahrungen und Erkenntnisse an andere weiterzugeben. Sie tauscht sich regelmäßig mit den bremischen Bürgerinitiativen aus und entsendet häufig Teilnehmer und Referenten zu Seminaren auf bundesdeutscher und europäischer Ebene.

In Depth 
Topic: 
Urban mobility planning
Public and stakeholder involvement
Monitoring and evaluation
Region: 
Northern Europe
Country: 
Germany
City: 
Bremen
Contact: 
City of Bremen
Author: 
Thomas Mourey
23 Mar 2015
24 Aug 2015